Seelsorge in Vierzehnheiligen

Seit Jahren gibt es sie – die Gerüchte um die Zukunft des Wallfahrtsortes in der Region am Gottesgarten. Als nun kürzlich eine Pressemitteilung erschien, bekamen die Spekulationen neue Nahrung. Wie fast jede Ordensgemeinschaft im Land haben auch die Franziskaner das Problem des fehlenden Nachwuchs. Es kommen kaum jüngere Ordensbrüder nach. „So sind wir Franziskaner, vor einigen Monaten mit der Bitte um personelle Unterstützung an das Erzbistum herangetreten. Unsere drei ältesten Brüder sind 81, 85 und 89 Jahre alt. Wir haben gesagt, dass es nicht realistisch sei, noch zehn Jahre mit dieser Besetzung weiterzuarbeiten“, erklärte Guardian Pater Maximilian Wagner, der seit Januar 2021 in Vierzehnheiligen wirkt. Das Erzbistum Bamberg und die Deutsche Franziskanerprovinz wollen die seelsorgliche Betreuung der Wallfahrten in Vierzehnheiligen auch künftig sicherstellen.
Am vergangenen Samstag befand sich Erzbischof Herwig Gössl auf dem „heiligen Berg“ zu einem Gottesdienst. Im Anschluss nahm er sich die Zeit zu einem kurzen Gespräch. „Es gibt noch nichts, was man aussagen kann. Die Franziskaner haben sich an uns gewandt mit dieser Problemanzeige, dass schon im Umfeld von Vierzehnheiligen über die Zukunft gesprochen wird. Darauf haben wir gesagt, dass man nicht bis zum Frühjahr warten solle, bis eine Entscheidung bei den Franziskanern gefallen ist. Deshalb haben wir uns zu einer Stellungnahme entschlossen. Es gibt aber noch keinen endgültigen Beschluss“, erklärte der Bamberger Oberhirte. Zu Beginn des kommenden Jahres wird die Provinzleitung der Franziskaner entscheiden, ob und in welcher Form der Orden weiterhin in Vierzehnheiligen präsent sein wird. Parallel dazu wird gemeinsam erarbeitet, wie die Wallfahrtsseelsorge personell und konzeptionell optimal für die Zukunft aufgestellt werden kann. Ein Verbleib der Franziskaner über das Jahr 2028 hinaus gilt aktuell als unwahrscheinlich. „Vierzehnheiligen ist einer der größten Wallfahrtsorte in Deutschland und ein wichtiger Ort für unsere Erzdiözese als geistliches Zentrum und als spiritualer Ort. Daher habe ich ein Interesse, dass die Wallfahrer hier gut begleitet werden und dass es eine Zukunft gibt. Ich bedauere allerdings, dass es die Franziskaner nicht mehr bewältigen können. Aber ich bin ihnen dankbar dafür, dass sie uns so rechtzeitig über die Schwierigkeiten informiert haben“, so Herwig Gössl. Jetzt braucht es im Vorfeld Gespräche mit dem Seelsorgeamt und den verschiedenen Einrichtungen, die vor Ort angesiedelt sind. „Es gibt Ideen einzelner Menschen, aber man muss erst einmal gemeinsam darüber sprechen, wie diese überhaupt umsetzbar sind. Es ist noch nichts spruchreif, da es noch keine Entscheidungen gibt“, so der Erzbischof. So ist es jetzt noch etwas Zeit, um eine gute Entscheidung zu treffen. Angesprochen auf die Übernahme durch eine andere Ordensgemeinschaft sieht Gössl dies ebenfalls unwahrscheinlich. „Alle Ordensgemeinschaften haben die gleichen Probleme und außerdem müsste es dann auch in die Ordensspiritualität passen. Zum Beispiel haben die Franziskaner aus Breslau, schon vor einiger Zeit gesagt, dass sie froh sind, wenn sie Gößweinstein und Marienweiher so halten können, wie sie es jetzt haben. Selbst die polnischen Franziskaner haben die gleichen Schwierigkeiten“, erklärte Herwig Gössl. Zum Schluss ermutigte der Bamberger Oberhirte: „Man soll sich keine Sorgen machen um Vierzehnheiligen. Es ist ein wichtiger Ort für unser Erzbistum und das soll es auch bleiben“. „Der Provinzialminister des Ordens, Bruder Markus Fuhrmann, zeigt sich dankbar für die jahrzehntelange Verbundenheit mit den Wallfahrern. Wir freuen uns, gemeinsam mit dem Erzbistum einen Weg zu finden, um die seelsorgliche Betreuung auch künftig zu sichern. Vierzehnheiligen ist für Generationen von Gläubigen ein Ort der Glaubensstärkung, der Fürsprache der Heiligen und der Begegnung mit Gott. Diese geistliche Tradition soll – auch unter neuen Bedingungen – lebendig bleiben und in eine hoffnungsvolle Zukunft geführt werden“, lassen die Franziskaner auf ihrer Homepage verlauten. Während Guardian Pater Maximilian die Pforten für externe Unterstützer weiter öffnen würde, kann sich der Erzbischof die Einbindung pastoraler Mitarbeiter, die schon für die katholische Kirche arbeiten, für die Zukunft vorstellen. Der Franziskanerpater wünscht sich für Vierzehnheiligen frischen Wind. „Es gibt schon Orte, beispielsweise das Kloster Werl in Nordrhein-Westfalen, an denen die Umstrukturierung zu einem Wallfahrtszentrum gut funktioniert hat“. Er kann sich zum Beispiel eine moderne Willkommenskultur vorstellen. „Ich beobachte, dass immer mehr einzelne Pilger nach Vierzehnheiligen kommen, zusätzlich zu den großen Gruppen. Gerade in Zeiten von Krisen und Unsicherheiten suchen die Menschen Halt an den Wallfahrtsorten. Die sechs heute im Konvent lebenden Brüder widmen sich der Wallfahrts- und Schwesternseelsorge, ferner der Gesprächs- und Beichtseelsorge, Aushilfen in umliegenden Gemeinden und der Erwachsenenbildung und Exerzitienarbeit.
INFOBOX: Das Kloster in Vierzehnheiligen wurde 1744/45 als Zisterzienserpropstei erbaut. 1839 ging es an die bayerische Franziskanerprovinz über, als König Ludwig I. von Bayern die Franziskaner beauftragte, die Wallfahrtsseelsorge zu übernehmen. Viele Franziskaner haben in den letzten fast 200 Jahren hier gelebt und gewirkt, ob im Beichtstuhl, in Gesprächen, bei Gottesdiensten, bei Kirchenführungen, als Organisten, Mesner und Pförtner, als Köche und Gärtner. Derzeit leben noch acht Ordensbrüder in Vierzehnheiligen, zwei genießen die vollstationäre Pflege bei den Franziskusschwestern und wohnen in deren benachbartem Mutterhaus. Jedes Jahr kommen rund 180 Pilgergruppen und etwa 800000 Besucherinnen und Besucher ins „fränkische Betlehem“. Die Wallfahrt geht auf eine Vision des Schäfers Hermann Leicht aus Kloster Langheim zurück, dem 1445 ein weinendes Kind auf einem Acker erschienen ist.