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Fastenpredigt in Vierzehnheiligen

Pater Dr. Johannes Roth OFM aus Düsseldorf war der letzter Fastenprediger in diesem Jahr in Vierzehnheiligen.
Datum:
Veröffentlicht: 10.3.24
Von:
Gerd Klemenz

Die diesjährige Fastenpredigt-Reihe in der Wallfahrtsbasilika trägt den Titel „Ich sehe etwas, was du nicht siehst“. So heißt auch ein bekanntes Spiel, das einem bereits aus Kindheitstagen bekannt und vertraut ist. Die Reihe thematisiert Bilder, die in der Basilika vielleicht nicht direkt ins Auge springen und eher untergehen. Die Bilder greifen biblische Texte auf und stellen sie so dar, wie sie sich der Künstler vorgestellt hat.

In der letzten Fastenpredigt verhalf Pater Dr. Johannes Roth das Gemälde „Abraham opfert Isaak“ besser zu verstehen. Der Franziskanerpater kommt aus Düsseldorf und ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Exegese des Alten Testaments.

„Der Titel der Fastenpredigtreihe kann auch für unseren heutigen Bibeltext gelten und das aus mehrerlei Hinsicht“, so der Franziskanerpater zu Beginn. „Es geht um ein Tier, das Gott schon gesehen hat, aber Abraham noch nicht – ein Widder, der sich mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen hat.“ Gott lässt Abraham diesen Widder sehen, den er anstelle seines Sohnes opfern kann. „Gott greift also in die Geschichte ein und verhindert Abraham dadurch an der Ausführung des Auftrags, den er ihm selbst gegeben hat.“

Das „Sehen“ kommt in der Erzählung sehr häufig vor. Es zieht sich wie ein roter Faden durch sie hindurch, wenn auch manchmal etwas versteckt. Da heißt es: Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer ausersehen, Abraham erhebt seine Augen und sieht einen Widder im Gestrüpp oder am Ende sieht Abraham den Widder für das Brandopfer. Das Sehen und Gesehen-Werden wird somit zur Rettung Issaks.

Wenn man die jüdische Perspektive berücksichtigt, eröffnet sich eine weitere Blickrichtung auf diese Erzählung: Isaak ist nicht einfach nur der Sohn, sondern auch der Träger der Verheißung. „In dieser Erzählung steht vordergründig die Verheißung Abrahams und damit auch die des Volkes Israel auf dem Spiel. Ohne Isaak gibt es keine Verheißung mehr“, so der Pater.

Die biblischen Erzählungen sind keine historische Geschichtsschreibung im heutigen Sinn, sondern vielmehr theologisch gedeutete Geschichte. Das heißt, es sind Glaubensgeschichten der Menschen von damals. Das Babylonische Exil war zu dieser Zeit die wohl größte Bedrohung und Katastrophe für das Volk Israel, neben der Sklaverei in Ägypten. Die geforderte Opferung des Sohnes ist für Abraham auch die größte Bedrohung. In der Rückschau auf das Exil könnten die jüdischen Erzähler dieses Bild der Bedrohung gewählt haben, um ihre Gefühlslage auszudrücken.

„Im Exil hatten sie das Gefühl, dass Gott sie verlassen und seinen Bund mit ihnen aufgekündigt hat und dass sie die Verheißung für immer verloren haben. Gerade und besonders in der Shoah wurde aber die Erzählung vom Opfer Abrahams für Jüdinnen und Juden zu einer Hoffnungs-, ja sogar zu einer Rettungserzählung. Selbst in dieser schwierigen und ausweglosen Situation haben sie auf ihren Gott vertraut“, erklärte Pater Johannes und fragte: „Können auch wir in schwierigen Situationen glauben und darauf vertrauen, dass Gott bei uns ist, so wie er es immer wieder verheißen hat?“

Gott lässt Abraham erfahren, dass er bei ihm ist, auch wenn es vielleicht nicht so erscheint. Er vertraut und geht seinen Weg mit Gott und er mit ihm. Vielleicht haben auch wir etwas in diesem Bibeltext gesehen, dass wir vorher noch nicht gesehen haben und können sagen: „Ich sehe etwas, was du nicht siehst.“ Das Gemälde von Anton Ranzinger aus dem Jahr 1918 findet man in der Basilika an der Nordseite oberhalb des Petrus-Altars.

Am Sonntag, 17. März, findet um 14 Uhr die Fränkische Passion mit Musik, Gesang und Texten vom Abendmahl bis zur Kreuzigung in der Basilika statt. Der Eintritt dazu ist frei.